2019/20 Chile und Argentinien

Rennradtouren in Chile und Argentinien

Einleitung

Nach drei Rennradtouren in Nordamerika stell ich mir die Frage: Warum nicht auch einmal in Südamerika Rennrad fahren? Nach dem Lesen einiger Publikationen über dortige Radtouren, fasse ich den Beschluss, eine solche Tour in Chile und Argentinien zu planen und Teilnehmer zu finden.

Mit A. bin ich schon einige Rennradtouren gefahren. Da seine Frau B. sich inzwischen auch mit dem Rennrad „angefreundet“ hat, fehlt nur noch unser „Chauffeur“. Wie schon so oft, hat K. schnell und begeistert ja gesagt. Daran ebenso interessiert ist mein Bruder, der als weiterer „Chauffeur“ dabei ist. Jetzt beginnt die Planung der möglichen Tour in beide Länder.

Einfach ist die Flugbuchung mit Air France, auch für uns drei Radfahrer mit der Radbox. Komplizierter sind die Radstrecken zu planen, die Unterkünfte zu finden und einen entsprechend großen Van zu mieten.

Es sind keine Hinweise zu finden, ob wir Rennradler auf allen Straßen fahren dürfen, ob alle Straßenbeläge für das Rennrad geeignet sind, ob der Autoverkehr nicht zu stark ist, usw. Letztlich erstelle ich die Rennradtouren über www.komoot.de.

Den Mietwagen – einen großen Peugeot Van - besorgt uns ContactChile (www.contactchile.cl/de/index.html) bei der Firma Seelmann. Sehr viele wertvolle Informationen erhalte ich ebenso von ContactChile, sowohl von deutschsprachigem Personal als auch von den deutschen Internetseiten.

Die Unterkünfte kann ich meistens über Booking (www.booking.com/index.de.html) buchen, was etliche Änderungen oder Stornierungen leicht möglich macht.

Fast überall in beiden Ländern kann mit Kreditkarte bezahlt werden. Weniger gefragt sind EURO-Geldscheine, dagegen werden US-Dollar-Geldscheine gerne akzeptiert. Eine Eurokarte ist nicht verwendbar.

Was wir für unsere Reise in die beiden Länder wissen müssen, haben wir ausführlich im Internet und in Publikationen gelesen, z. B. Ein- und Ausreisebestimmungen, notwendige SIM-Karte, Trinkgelder in Restaurants und Cafés, erforderliche Stromadapter, Notrufnummern.

Das wichtigste Mittel, um den richtigen Weg zu finden,
ist, den falschen zu vermeiden.

(Manfred Rommel, 1928-2013)

 Alle nun zu sehenden Bilder  können durch  anklicken  vergrößert werden.

Fr., 27.12. – Sa., 28.12.2019, Flüge nach Santiago de Chile

Mit Air France fliegen wir zunächst von Stuttgart nach Paris CDG (18:35-20:00 Uhr) und dann mit der Boing 777 nach Santiago (23:40-09:10 +1). Beide Flugzeuge sind fast voll belegt. Bei klarem Himmel sehen wir die Anden und erkennen Santiago und Umgebung und landen sicher.

Die Einreise, auch mit den Rennradkoffern, erfolgt problemlos. Allerdings müssen wir zu Fuß fast eine halbe Stunde vom Ankunft-Terminal zum Einreiseschalter gehen. Am Flughafen sehen wir viele Neubau-Aktivitäten. Alle Koffer sind ohne Schaden angekommen.

Den Mietwagen Peugeot Van erhalten wir schon am Flughafen. Mit unseren persönlichen Navi-Möglichkeiten finden wir dann nach Anfangsproblemen unser gebuchtes Hotel.

Nach einer Ruhepause schauen wir bei bis zu 35 °C die Innenstadt an, besorgen uns die erforderlichen SIM-Karten und deren Verbindung, und schauen schließlich nach dem nahe gelegenen Restaurant, das vom Hotel empfohlen wird. Dort genießen wir ein sehr gutes Abendessen.

So., 29.12.2019, Santiago

Nach gutem Schlaf und ordentlichem Frühstück nehmen wir um 10 Uhr an einem Gottesdienst teil. In dieser Kirche war mein Vater auch schon im Jahre 1978.

Am Nachmittag gehen wir zu Fuß zum Cerro San Cristobal und fahren dann mit der Seilbahn hinauf zur Bergspitze. Von dort bietet sich uns ein atemberaubender Ausblick auf Santiago und die Anden. Zu Fuß gehen wir mehrere Kilometer abwärts und kommen dann nach Barrio Bellavista. In diesem kulturellen Viertel mit lebhaften Bars und guten Restaurants nehmen wir schon früh in einem rustikalen Restaurant ein gutes, vielfältiges Abendessen ein. Da wir nicht müde sind, gehen wir die Strecke zurück ins Hotel. In der Nähe unseres Hotels erfrischen wir uns noch in einem Café.

Problemlos bauen wir heute auch unsere Rennräder zusammen.

Mo., 30.12.2019, Santiago

Mit unserer Kontaktperson von der Firma ContactChile, Frau B., treffen wir uns bei einer Spedition, die unsere Radboxen in unser gebuchtes Hotel nach Puerto Montt transportieren wird. Frau B. hat das bestens organisiert, auch zu einem günstigen Preis.

Nachmittags sind wir in der Innenstadt und fahren dann auch mit einem Taxi zum Gran Torre Santiago. Er überragt mit seiner Höhe von 300 m alle Hochhäuser in Südamerika. Wir genießen dort die wunderschöne Aussicht.

Dann bereiten wir alles für die morgen beginnende Radtour vor.

Di., 31.12.2019, Cartagena – Curauma (1)

Toll, was alles in dem Peugeot Platz hat: 4 Personen, 4 großer Reisekoffer und 3 Rennräder. - Leider fahren wir am Anfang durch die Stadt Santiago und nicht auf die Autobahn, deshalb dauert die Autofahrt über eine Stunde länger.

Erst um 11:30 Uhr können wir in Cartagena starten, zunächst am Südpazifik entlang. Gleich am Anfang wird die Straße erneuert, weshalb wir ca. 1 km auf Schotter und Kies fahren müssen. Später fordert starker Autoverkehr unsere höchste Konzentration. Leider stürzt B. auf einer sandigen Straße. Ein paar Prellungen und Schürfungen sind sehr unangenehm. Auch haben wir Steigungen mit bis zu 18 % zu bewältigen.

Unterwegs sehen wir schöne Ferienanlagen, u.a. auch mit architektonisch beeindruckenden Hochhäusern.

Nach 70 km findet K. leider das Zwischenziel nicht leicht. Sein Navi lässt ihn im Stich, aber letztlich sehen wir uns doch noch. Aus Zeitgründen verzichten wir auf Teil 2 (48 km) unserer Tagestour und fahren mit im Auto von Curauma (23 Tsd. Einwohner, von zwei Seen umgeben) zum Tagesziel Quintero (25 Tsd. Einwohner), das direkt am Südpazifik liegt.

In einer einfachen Ferienanlage mit einem sehr freundlichem und hilfsbereitem Besitzerehepaar sind wir einquartiert. Die Dame spricht etwas Englisch. Sie ermöglicht, dass wir in einem zwei Straßen höher gelegenen Restaurant noch ein Abendessen bekommen, obwohl es schon geschlossen war. Die Drei erleben den Jahreswechsel 2019/20 oben auf der Höhe, während ich schon schlafen gehe.

Istdaten Garmin 800: 69 km, 992 hm, 688 tm; Start 25°C, Ziel 29°C, Höchsttemperatur 45°C.

Siehe www.komoot.de/tour/108009919

Mi., 01.01.2020, Quintero

Weder Silvester 2019 noch Neujahr 2020 werden hier so gefeiert wie bei uns in der Heimat. Deshalb können wir ungestört schlafen, gesund und ausgeruht das neue Jahr beginnen.

Zum Frühstück gehen wir ins Zentrum der Stadt und sind froh, gegen 10 Uhr ein geöffnetes Lokal zu finden in dem wir ein Frühstück erhalten. Später spazieren wir entlang der Pazifikküste, wo uns die Meereswellen oft „gefangen nehmen“.

Zum Abendessen finden wir direkt an der Küste ein gutes Restaurant.

Die beste Bildung findet ein gescheiter Mensch auf Reisen.

(J. W. Goethe, 1749-1832)

Do., 02.01.19, Quintero – San Felipe (2)

Gegen 9 Uhr starten wir bei 15 °C in Quintero. K. fährt mit dem Van zum Flughafen nach Santiago, um meinen Bruder abzuholen. Leider ist sein Reisekoffer noch in Paris. Wir finden einen guten Radweg, der uns 3 km an der Küste entlangführt. Zwischendurch ist hier auch Straßenbau, was im Sand für uns auch absteigen und schieben erfordert.

Danach sind wir auf einer guten Straße bei wenig Autoverkehr. Als wir die Hauptstraße Richtung Osten und Süden erreichen, gibt es mehr Autoverkehr. Jedoch ist die Auf- und Abfahrt des Passes gut zu bewältigen. Als die Mautstelle kommt und eine Beamtin mich sieht, geht sie aus dem Schalter und winkt mich auf die linke Seite, wo wir nach Ankunft von A. und B. auf dem Trottoir kostenlos durchgehen können. Manchmal haben wir wenig Autoverkehr und gute Straßen, auch mal Radwege. Gleich danach kommt die Stadt Nogales (22 Tsd. Einwohner, 215 m), wo wir eine kurze Pause machen. Je näher wir unserem Tagesziel San Felipe (77 Tsd. Einwohner, 654 m) kommen, desto mehr spüren wir den Feierabend und starken Autoverkehr. Glücklich erreichen wir das gebuchte, schöne Hotel. Der Chef empfiehlt uns ein Restaurant, die Bedienung war perfekt, jedoch das Essen weniger gut.

Istdaten Garmin 800: 110 km, 1339 hm, 712 tm; Start 15°C, Ziel 34°C, Höchsttemperatur 39°C.

Siehe www.komoot.de/tour/110140285

Fr., 03.01.20, Autofahrt und Rennradtour nach ARG/Mendoza (3)

Nach gutem Schlaf und umfangreichem, gutem Frühstück fahren wir nach 8 Uhr mit dem Auto zur Tankstelle. Danach geht es Richtung Anden und Argentinien. Während sich die Strecke in Chile recht langsam über etliche Serpentinen steil die Anden hochwindet, ist die Strecke ab Argentinien deutlich gradliniger mit geringeren Steigungen und besserer Straßenqualität. Die Fahrt wird immer schöner, je höher wir fahren. Beeindruckende Berge, etliche Tunnels, Wetter fantastisch. Im Tal schnell schon 20 °C, und auf dem Gipfel in der Höhe von 3.000 m sogar 19 °C. Oft halten wir an, um die beeindruckenden Anden zu bestaunen.

Leider ist die Zollkontrolle von Argentinien ein phlegmatischer Prozess, weshalb wir gut 2 Stunden brauchen, die Uhr zeigt bereits 13 Uhr. Der Paso Internacional Los Libertadores hat keinen geteerten Seitenrand, weshalb wir aufs Radfahren verzichten. Auch sind die Betonplatten sehr uneben. Da schaffen wir die 180 km Tour nicht. Nach Uspallata wollen wir Radfahren probieren, aber die Winde und das ständige Auf und Ab der Strecke stoppen uns nach 21 km.

Als unsere Begleiter - heute wechseln sich K. und mein Bruder beim Autofahren ab -, an der Talsperre bei Potrerillos auf die Straße zurückkommen, steigen wir wieder ins Auto ein. Am Stausee sind viele Besucher, auch Paraglider sind in der Luft.

Mit dem Van fahren wir zügig Richtung Mendoza. Um 15:45 Uhr erreichen wir unsere schöne Weinbau-Unterkunft am Rande der Stadt Maipú (106 Tsd. Einwohner, 759 m). Der holländische Besitzer spricht fließend deutsch.

Am Flughafen in Mendoza ist der fehlende Reisekoffer meines Bruders angekommen, von Santiago nach hier.

Ich wasche heute noch viele Kleidungsstücke, wozu mir der Hotelier einen großen Wäscheständer gibt, den ich außen aufstellen darf.

Leider geht die in Chile gekaufte Telefonkarte in Argentinien nicht, weshalb wir morgen eine neue kaufen müssen.

Nun freue ich mich auf 20 Uhr, wo ich mein Fisch-Abendessen hier in der Unterkunft bekomme.

Istdaten Garmin 800: 21 km, 286 hm, 222 tm; Start 34°C, Ziel 38°C, Höchsttemperatur 27°C.

Siehe www.komoot.de/tour/110140284

"Menschen gehen, Berge bestehen"

(Italienisches Sprichwort)

Sa., 04.01.20, Ruhetag in Mendoza

Die Hauptstadt Mendoza (120 Tsd. Einwohner, 824 m) der gleichnamigen Provinz wurde 1561 von Pedro de Castillo gegründet und wird wegen des Klimas und dem Weinbau in der Region auch die "Stadt der Sonne und des guten Weines" genannt. Um Mendoza herum prägt die karge Trockensteppe der Region Cuyo die Landschaft. Die Stadt und die Umgebung werden bewässert, so säumen gewaltige, schattige Baum-Alleen die Straßen Mendozas und in der Umgebung wachsen die besten Rebstöcke des Landes.

Nach guter Nachtruhe und dem Frühstück fahren wir nach Mendoza und besichtigen ein großes und sehr bekanntes Weingut. Es gehört seit Jahren einem in Santiago de Chile lebenden Winzer, der es zu einem großen Weingut in Südamerika aufbaute. Nach umfangreichen Erklärungen und Besichtigungen folgt der Test von Champagner und Weinen. Ein paar schmecken uns allen besonders gut, darum trinken wir diese auch zum dortigen, sehr geschmackvollen Mittagessen.

Eigentlich brauchen wir kein Abendessen mehr. Jedoch sind wir im bekannten Restaurant 1884 angemeldet. Nach einem guten Essen geht es zu später Stunde müde zurück in die Unterkunft.

So., 05.01.2020, Pareditas – San Rafael (4)

An diesem Sonntag besuchen wir einen Gottesdienst und danach fahren wir die 5 km zurück in unsere Unterkunft. Schnell haben wir alles bezahlt, danach Gepäck und Rennräder eingeladen.

Mit dem Van erreichen wir nach 120 km die Stadt Pareditas. Unterwegs findet ein Radrennen statt, so dass wir länger als geplant brauchen. Hier in Argentinien ist das Rennradfahren viel populärer als in Chile. Im Januar 2020 war hier auch wieder ein internationales Rennen der Profis.

Es ist angenehm, unsere Radstrecke ab Pareditas zu fahren. Nur wenige Autos sind unterwegs. Es wird ein heißer Tag. Unterwegs treffen wir uns zu einer kurzen Pause, dies in fast menschenleerem Gebiet.

In San Rafael (118 Tsd. Einwohner, 700 m) kommen wir nach 110 km gut an. Allerdings existiert das über Booking gebuchte Hotel nicht mehr. Unsere Fahrer finden eine Alternative, womit wir sehr zufrieden sind. Hier ließen sich ab dem Jahre 1860 Kolonisten aus Frankreich und Italien nieder, die in der Umgebung Landwirtschaft betrieben. San Rafael soll vor allem ein agroindustrielles Zentrum sein, wo die Produkte der Oasenregion rund um die Stadt verarbeitet und konserviert werden. Es wird vor allem Wein wird angebaut, ferner auch Früchte, Tomaten, Zwiebeln und Knoblauch. Ein neu aufstrebender Wirtschaftszweig soll der Tourismus sein. Auch das Wetter ist aufgrund der trockenen Luft und den 300 Sonnentagen im Jahr sehr anziehend.

Auch heute gelingt es uns nicht, die Telefonkarten in Betrieb zu bringen. Abendessen können wir erst ab 20:30 Uhr einnehmen.

Tourdaten: 110 km, 350 hm, 740 tm; Start 32°C, Ziel 30°C, Höchsttemperatur 38°C.

Siehe www.komoot.de/tour/110140312

Mo., 06.01.2020, San Rafael – Malargüe (5)

Wir gehen um 7 Uhr zum Frühstück, weil wir um 8:30 Uhr starten wollen. Allerdings klappt dann die Inbetriebnahme der Telefonkarten bei Movistar auch nicht. Dann starten wir eben später. A. und ich fahren zügig. Es ist wenig Autoverkehr auf der RN 144. Unsere Fahrer halten nach ca. 100 km, von da an tritt B. auch in die Pedale. Bei km 130 müssen wir links auf die RN 40 abbiegen und wechseln damit die Himmelsrichtung. Jetzt haben wir extremen, stürmischen Gegenwind, der uns fast von der Straße bläst. Glücklicherweise kommen nach 135 km unsere Fahrer, die uns dann mitnehmen zum Tagesziel Malargüe (20 Tsd. Einwohner, 1.416 m). Hier ist auch der Standort des Pierre-Auger-Observatoriums zur Erforschung ultra-hochenergetischer kosmischer Strahlung und der Standort einer 35-m-Antenne des ESA-eigenen ESTRACK Deep-Space-Netzwerks.

Gut und günstig sind wir im ruhig gelegenen, ordentlichen Hotel untergekommen. Die Zimmer sind groß genug, das Abendessen ist gut und das Frühstück stärkt uns. Das Hotel ist umgeben von wunderschönen Wiesenflächen. Früher war dies eine Golfanlage, jedoch brachte das Aus die Wirtschaftskrise.

Istdaten Garmin 800: 135 km, 1141 hm, 335 tm; Start 16°C, Ziel 30°C, Höchsttemperatur 35°C.

Siehe www.komoot.de/tour/110140313

Di., 07.01.2020, Paso Pehuenche – El Colorado (6)

Wie geplant fahren wir bis Bardas Blancas. Wie erwähnt, ist dort etwa 1 km ungeteert, vermutlich aufgrund von Überschwemmungen. Wegen der Windstürme können wir nicht aufs Fahrrad steigen, obwohl es eine super Straße wäre.

Nach wenigen Kilometern sehen wir eine Frau und einen Mann mit vollgepackten Fahrrädern. Sie wollen den Paso Pehuenche fahren, jedoch schiebt die Frau schon das Fahrrad und der Mann kämpft mit letzter Kraft. Ob sie den Pass bei diesen Windstärken schaffen werden?

Unsere Autofahrt zum Gipfel ist wunderschön. Nebst den vielfältigen Bergen und Felsen ist auch die argentinische Straße bestens. Nur wenige Autos begegnen uns, höchstens 5 pro Stunde. An der chilenischen Grenze steht vor uns nur ein PKW. Die Einfahrt-Registrierung erfolgt zügig, jedoch müssen wir für den Zöllner die Rennräder und alle Taschen ausladen. Er schaut die Taschen und auch 2 Koffer an.

Nach der Grenze pausieren wir in der Höhe von 2.553 m kurz in einer Imbiss-Stube. Besucher sind nicht da, deshalb freuen sich die beiden Männer riesig, dass wir etwas bestellen. Einer umarmt manche von uns sogar, vermutlich treibt ihn sein persönlicher Alkoholgehalt dazu. Dann fahren wir mit dem Auto weiter. Die Straße ist weniger gut als auf argentinischer Seite. Trotz der starken böigen Winde halten wir immer wieder um Bilder zu machen. So schöne Berge haben wir wohl noch nie gesehen. Nach ca. 80 bis 95 km fahren wir am See Laguna del Maule entlang. Der Río Maule entspringt im gleichnamigen Vulkangebiet und hat eine Länge von rund 240 km. Am Abhang der Anden durchfließt er den 57 km² großen aufgestauten See Lago Colbún (440 m). Schließlich mündet er bei der großen Hafenstadt Constitución in den Pazifischen Ozean.

Später wagen A. und ich die weitere Abfahrt auf dem Rennrad. Fest müssen wir den Radlenker halten, damit uns die Böen nicht umwerfen. Nicht nur Abfahrt haben wir, sondern auch immer wieder Anstiege. Nach 70 km erreichen wir das Tagesziel in El Colorado. Die Unterkunft liegt sehr ruhig. Jedoch lässt der bauliche und eingerichtete Zustand des Ferienhauses zu wünschen übrig. Ganz anders ist das bei der Tourenplanung gefundene Restaurant. Es ist heute geschlossen, aber glücklicherweise erreichen unsere Fahrer, dass wir Abendessen und Frühstück erhalten. Und beide Mahlzeiten waren absolut super, sowohl durch die Vielfalt als auch die Zubereitung!

Istdaten Garmin 800: 70 km, 341 hm, 1121 tm; Start 24°C, Ziel 31°C, Höchsttemperatur 31°C.

Siehe www.komoot.de/tour/110140308

Mi., 08.01.2020, El Colorado – Linares (7)

Wir drei Radler fahren nach Linares. Die geringen Höhen- und Talmeter und die anfänglich gute Straße erleichtern es uns. Aber bei den geringen Temperaturen frieren wir öfters. Nach wenigen Kilometern ziehen wir zusätzliche Jacken an. Auf der L-11 passieren wir nach 30 km den Lago Machicura. Die letzten 15 km haben einen sehr porösen Betonstraßenbelag, jedoch gibt es für uns einen akzeptablen Radweg bis zum Tagesziel. Überall in der Stadt finden sich neben modernen Gebäuden Häuser im Kolonialstil. Der sehenswerte San-Ambrosio-Dom zu Linares gilt als eines der schönsten Kirchenbauten des 20. Jahrhunderts. Um die Stadt befinden sich mehrere Thermalquellen, wie Termas de Panimávida und Termas de Quinamávida.

Mit dem Van fahren wir alle die 380 km nach Temuco, wo wir kurz nach 16 Uhr ankommen. In der Nachbarschaft gibt es ab 20 Uhr in einem Restaurant ein vielfältiges und gutes Abendessen.

Istdaten Garmin 800: 56 km, 115 hm, 388 tm; Start 14°C, Ziel 20°C, Höchsttemperatur 20°C.

Siehe www.komoot.de/tour/110140296

Do., 09.01.2020, Autofahrt nach Panguipulli

Nach 140 km erreichen wir bei trübem und kühlem Wetter (16 °C) die Stadt Panguipulli (Einwohner 35 Tsd., 130 m). In Wikipedia ist manches über die Entstehung und Situation der Stadt zu lesen. Das gebuchte Hotel ist schön und liegt sehr nahe zur Innenstadt, jedoch auch an einer Straßenkreuzung. Es bietet sich ein schöner Blick auf die Stadt, das Personal ist sehr freundlich und hilfsbereit.

Aufgrund des trüben Tages entfällt unsere geplante Radtour. Stattdessen fahren wir mit dem Van um den Lago Panguipulli. Im südlichen Seebereich sind es immer wieder längere Schotterstraßen, deshalb werden wir den Lago auch in den nächsten Tagen nicht umfahren.

Zum Abendessen sind wir in einem sehr guten Restaurant in nächster Umgebung.

Fr., 10.01.2020, Radtour am Paso Mamuil Malal (8)

Die Auf- und Abfahrt der geplanten Radtour zur Grenze zwischen Chile und Argentinien müssen wir wegen der langen und nur langsam zu befahrenden Autostrecke kürzen. Wir fahren mit dem Rennrad bis zur Grenze zwischen Chile-Argentinien. Die Straße ist sehr gut, obwohl oft im Internet zu lesen war, dass die letzten Kilometer zur Grenzstation (1.210 m) ungeteert sind. Bester Straßenbelag beweist das Gegenteil. Jedoch sind die Steigungen (bis 24 % laut meinem Garmin) auf den letzten Kilometern sehr anstrengend. Nahe der Grenze zu Argentinien sehen wir den ca. 13 km langen Lago Quillelhue. Hier sind wir dem Volcán Lanín am nächsten. Beim Blick gen Süden, sind auch zu sehen der Glaciar Río Turbio und die Vulkane Volcán Villarica und Volcán Quetrupillán. Alle gelesenen Kommentare über diese Region beschreiben sie als eine wunderschöne Landschaft, was ich nur bestätigen kann. Wir sehen schöne Auraukarienwälder (bis 50 m hohe Bäume). Auch sollen Thermalbäder entlang der Strecke sein, u.a. in San Luis, Menetúe und Huife.

B. und A. fahren die riskante Abfahrt nicht, mir macht sie sehr viel Spaß. So bin ich insgesamt 89 km gefahren.

Erst um 19:30 Uhr sind wir wieder in Panguipulli. Zum Abendessen gehen wir zu Fuß einen längeren Weg in ein an der Hanglage der Stadt gelegenes Restaurant.

Istdaten Garmin 800: 89 km, 1235 hm, 1228 tm; Start 27°C, Ziel 22°C, Höchsttemperatur 33°C.

Siehe www.komoot.de/tour/110140288

Sa., 11.01.2020, Lago Ranco (9)

Heute fahren wir die letzte geplante Tour um den Lago Ranco. Der See liegt zwischen den Städten Futrono, Llifen und Lago Ranco. Er hat eine Fläche von rund 401 km² bei einer Länge von 95 km und eine Tiefe bis fast 200 m. Der See ist ein alter Gletschersee aus der Eiszeit mit kristallklarem Wasser. Am See gibt es viele herrliche Strände. In der Mitte des Sees liegt die Insel Huapi, hier lebt eine Gemeinde von 600 Huilliche-Indianern. Insgesamt gibt es 11 bewohnte Inseln, daneben gibt es noch fünf kleinere Inseln, die man Las Chichivitas nennt, sie sind unbewohnt. Es gibt eine reiche Flora und Fauna. An Pflanzen sind dies z. B. Myrtengewächse und Fuchsien. Am See leben viele Wasservögel, wie Enten und Kormorane. Die See ist sehr fischreich. Der Tourismus, Fischfang und die Forstwirtschaft spielen hier eine wichtige Rolle. Der See ist für Segelsport und Angler gut geeignet. An den Ufern gibt es viele Bade- und Campingplätze. Lago Ranco ist die Quelle des Flusses Río Bueno.

Aufgrund der zeitlich längeren Hin- und Rückfahrt mit dem Van können wir nicht um den gesamten See fahren. Es gibt öfters extreme Steigungen zwischen 8 und 25 %! Mit unseren Fahrern treffen wir uns in der kleinen Stadt Lago Ranco, wo wir die Tour beenden und am See eine Kaffeepause einlegen. Glücklich sind wir, dass wir einen gesunden Abschluss der Rennradtour erleben können.

Mit dem Van erreichen wir nach 2 Stunden wieder Panguipulli. Zum Abendessen sind wir wieder im gleichen Restaurant wie am ersten Abend.

Istdaten Garmin 800: 62 km, 945 hm, 934 tm; Start 18°C, Ziel 25°C, Höchsttemperatur 29°C.

Siehe www.komoot.de/tour/110140297

So., 12.01.2020, Panguipulli

Nach dem Frühstück gehen wir in die hiesige katholische und schweizerisch geprägte Kirche. Zu erwähnen sei:

„Die ersten Bewohner Panguipullis waren indigene Mapuche-Gemeinschaften. Ihre Siedlungsgebiete befanden sich an den Ufern der zahlreichen Seen und Flüsse in dem Gebiet. Erste schriftliche Aufzeichnungen stammen aus dem Jahre 1776. Der erste europäische Siedler Guillermo Angermeyer kam 1885 in die Region. 1903 wurde eine Missionsstation des Kapuzinerordens in Panguipulli gegründet. 1946 wurde Panguipulli zur eigenen Gemeinde. 1947 wurden eine Kirche und ein Internat von Padre Bernabé aus Luzern gegründet. Heute leben in der Gemeinde Panguipulli Mapuche, einige von ihnen in Gemeinschaften, Chilenen aus anderen Gebieten Chiles und einige deutsche Kolonisten. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts war das Gebiet vor allem durch Forstwirtschaft geprägt und es gab auch eine Eisenbahnanbindung. Heute dominiert der Tourismus als Hauptwirtschaftszweig. 1954 wurde die Zugverbindung von Lanco nach Panguipulli eröffnet“ – siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Panguipulli

Ferner habe ich gelesen:

„Der Brandanschlag auf die Kapelle (geschehen im Januar 2018) war bereits die zweite Attacke auf eine Kirche in Panguipulli in der letzten Woche; weitere Kirchen wurden zudem bedroht. Hintergrund der Gewalt im Süden Chiles sind Proteste der Mapuche-Ureinwohner, die gegen wirtschaftliche und kulturelle Unterdrückung kämpfen. Im Umfeld des Besuches von Papst Franziskus in Chile wurden insgesamt 13 Gotteshäuser attackiert“ – siehe https://www.katholisch.de/artikel/16280-rambo-rettet-ordensfrauen-das-leben

Danach heben wir an einem Bankautomat Chilenische Pesos ab. Ein längerer Spaziergang folgt, entlang am See und dann den Hügel hinauf, vorbei an wunderschönen Villen und Ferienhäusern. Zuletzt genießen wir in einem Café einen guten Kuchen und später auch das Abendessen.

Mo., 13.01.2020, Autofahrt nach Puerto Montt und Temuco

Nach über 3 Stunden erreichen wir die 250 km entfernte Stadt Puerto Montt am Südpazifik. Nach dem Einchecken der drei Freunde im Hotel gehen wir miteinander in ein Café. Sie erkunden noch eine Woche Patagonien, während ich aufgrund eines Unfalls meiner Frau so schnell wie möglich zu Hause ankommen möchte. Mein Bruder - der wie geplant heimfliegen wird - und ich fahren dann mit dem Van nach Temuco, 355 km, wo wir im gleichen Hotel wie letzte Woche übernachten. Glücklicherweise können wir die Radboxen mitnehmen und den Rücktransport bei der Spedition stornieren. Im Hotel in Santiago lagern dann die zwei Radboxen bis die Freunde aus Patagonien hierher zurückkommen.

Abendessen nehmen wir wieder in dem nahegelegenen, guten Restaurant ein.

Di., 14.01.2020, Autofahrt von Temuco nach Santiago

Nach dem Frühstück beginnt um 9 Uhr unsere Autofahrt nach Santiago. Nach der Hälfte der Strecke tanken wir in Ruta 5, Lado Oriente, essen im dortigen schönen Rasthaus einen Joghurt und trinken eine Tasse Kaffee (Preis 3.350, € ca. 4,--!). Um 16 Uhr erreichen wir nach 700 km erneut das uns bekannte Hotel, wo wir große und schöne Zimmer erhalten.

Auch hier gehen wir zum Abendessen wieder in das uns bekannte, nicht weit entfernte gute Restaurant.

Mi., 15.01. – Do., 16.01. 2020, Heimflug

Glücklicherweise kann ich meine Heimflüge bei Air France umbuchen und erreiche wie geplant meine Heimat am Donnerstag, wo auch meine Frau aus dem Krankenhaus entlassen wurde und ich ihr jetzt behilflich sein kann.

Mein Bruder ist am Freitag auch wieder zuhause.

Insgesamt mit dem Rennrad gefahren: 722 km, 6.774 Höhenmeter, 6.368 Talmeter

Eine wunderschöne Zeit liegt hinter mir! 600 km mehr haben wir geplant. Kälte und Winde, schlechte Straßen und manch unerwartete Zeitverluste verhinderten dies.

Schon geradelt?
Also das ist was, das macht das Leben lebenswert!

(Jack London, 1876-1916)